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etzten
Samstag fanden sich im "Théâtre de la Colline" in Paris,
direkt neben dem Friedhof Père Lachaise, rund 800 Menschen
ein, um sich von einem der bedeutendsten französischen Intellektuellen
der Nachkriegszeit zu verabschieden.
FreundInnen
und ForscherkollegInnen aus aller Welt, Studierende, GewerkschaftsvertreterInnen
und RepräsentatInnen sozialer Bewegungen erinnerten sich in der
rund dreistündigen Hommage an den am 23.Januar verstorbenen Forscher
und Intellektuellen, Theoretiker und engagierten Kämpfer, an
die öffentliche Person und an den Menschen Pierre Bourdieu.
Dabei
ist es sicherlich kein Zufall, dass es von all seinen Werken gerade
"Das Elend der Welt" war, das in dieser Veranstaltung einen besonderen
Platz hatte: Eine Pariser Theatergruppe, die vor einigen Jahren das
komplette Buch aufgeführt hat, wiederholte einige ausgewählte
Interviews, und in vielen Reden und Beileidsbezeugungen aus aller
Welt wurde immer wieder auf dieses Buch Bezug genommen. "Das Elend
der Welt" steht geradezu paradigmatisch für vieles, was Bourdieus
Denken und Arbeit ausmachte: die Wichtigkeit, die für ihn die
Verwurzelung der Theorie in der sozialen Realität hatte, die
Bedeutung, die er dem kollektiven intellektuellen Arbeiten zumaß,
sein Plädoyer für eine Soziologie des Verstehens und sein
Wunsch und Bemühen, diejenigen zu Wort kommen zu lassen, die
sonst zur Sprachlosigkeit verurteilt sind. Intellektuelle Arbeit und
entschlossene Parteinahme gingen bei ihm immer Hand in Hand, und insofern
steht "Das Elend der Welt" vielleicht tatsächlich mehr für
das, was ihn als Forscher und Person ausmachte, als jedes andere seiner
Bücher.
Mit
seiner Weigerung, Wissenschaft und Politik zu trennen, hat er sich
nicht nur Freunde gemacht - was ihn aber nie daran hinderte, unermüdlich
immer neue "Gegenfeuer" zu zünden. Schließlich, so meinte
er einmal, habe derjenige, der den Widerspruch seiner Gegner erregt,
seine Arbeit gut gemacht. In diesem Sinne konnte sein Sohn Jérôme
Bourdieu auch kein besseres Schlusswort für diese Gedenkfeier
finden als das, was er so oft aus dem Mund seines Vaters gehört
hatte: "Au boulot!" - "An die Arbeit!"
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